Menschen in und mit der Bergischen Diakonie: 100 Texte - 100 Bilder
Insgesamt haben 160 Menschen unsere Aprather Bibel mitgestaltet. Sie haben Bibeltexte ausgewählt, sie abgeschrieben – vorzugsweise mit Feder und Tinte – und/oder mit Acrylfarbe illustriert. 100 Text-Bildpaare waren angestrebt – am Ende waren es 111. Alle entstandenen Arbeiten wurden in die Aprather Bibel aufgenommen. Denn die Qualität jeder einzelnen Arbeit liegt darin, dass sie so ist, wie sie ist – und deshalb gehört sie in die Aprather Bibel.
Pastorin Christine Egel blickt zurück auf das Ergebnis des zurückliegenden Prozesses: Es kommt nicht auf „Schönheit“ und „Exaktheit“ an, sondern auf die Vielfalt - mit farbstarken, eher zurückhaltenden, ausladenden, abstrakten oder gegenständlichen, wilden oder eher strukturierten, symbolischen Deutungen oder sehr konkretem Verständnis … Farbklekse, regelmäßiges Schriftbild oder Texte, wo man die Mühen des Schreibens erahnt…Eine anrührende Bibel und anrührende Vielfalt unseres diakonischen Zusammenlebens.
Eine inklusive Bibel, ein Gemeinschaftswerk der Menschen in der Bergischen Diakonie – die erste Idee dazu kam Elke Voß-Klingler aus dem Offenen Atelier im Herbst 2012. Im Laufe der folgenden Jahre wurde sie von Mitarbeitenden des Ateliers und dem Seelsorgeteam der Bergischen Diakonie weitergedacht und umgesetzt.
Die Theologinnen und Theologen wählten eine Vielzahl von Bibeltexten aus dem Neuen Testament und luden zunächst eine Gruppe Konfirmanden ins Offene Atelier ein. Ein Team aus Seelsorger*innen und Künstler*innen begleitete die Konfirmanden bei der kreativen Umsetzung der Bibeltexte. Das Ergebnis war beeindruckend und es stand fest: An diesem Projekt möchten wir noch viel mehr Menschen innerhalb und außerhalb der Bergischen Diakonie beteiligen.
Los ging es im Sozialtherapeutischen Verbund. Wenn es Bewohner*innen nicht möglich war, ins Offene Atelier zu kommen, wurde ein Koffer mit den nötigen Materialien ausgestattet und das Offene Atelier kam zu den Menschen. Parallel fanden Termine im Offenen Atelier statt. Allmählich wurden die Aktivitäten auf die Pflegeeinrichtungen der Bergischen Diakonie ausgeweitet und fanden – beispielsweise im Haus Monheim – „in eigener Regie“ statt. Dann wurden die Gruppen der Kinder- und Jugendhilfe angesprochen. Auch in der Jugendarrestanstalt Wetter wurde an der „Aprather Bibel“ mitgearbeitet. Die Ev. Förderschule und das Ev. Berufskolleg steuerten weitere Blätter bei.
Im Februar 2014 wurden die Originale – ansprechend gerahmt – mit einer festlichen Vernissage in der Diakoniekirche auf dem Zentralgelände der Bergischen Diakonie präsentiert. Im Januar 2016 waren sie dann in der Kreissparkasse in Wülfrath zu sehen. Großzügig finanziell unterstützt wurde das Projekt von der Marianne-Nell-Stiftung und der Kreissparkasse Düsseldorf. Insgesamt haben 160 Menschen mitgestaltet. Sie haben Bibeltexte ausgewählt, sie abgeschrieben – vorzugsweise mit Feder und Tinte – und/oder mit Acrylfarbe illustriert. 100 Text-Bildpaare waren angestrebt – am Ende waren es 111. Alle entstandenen Arbeiten wurden in die Aprather Bibel aufgenommen. Denn die Qualität jeder einzelnen Arbeit liegt darin, dass sie so ist, wie sie ist – und deshalb gehört sie in die Aprather Bibel
Die Aprather Bibel ist unvollständig.
In der kreativen Gestaltung haben sich die Künstlerinnen und Künstler der Aprather Bibel auf Texte und Bilder aus den Evangelien beschränkt. Beim Zusammentragen ihrer Ergebnisse waren wir stolz und beeindruckt: Was für eine Fülle an persönlichem Ausdruck steckt in dieser Bibel!
Erst später wurden wir nachdenklich: Ist das wirklich eine Bibel? Da fehlt doch das komplette Alte Testament. Und auch im Leben Jesu klafft eine zentrale Lücke. Auf die Bilder und Texte von seinem letzten Abendmahl folgt unmittelbar die Erzählung, wie die Jünger ihm als dem Auferstandenen begegnen. Kein Wort, kein Bild zur Kreuzigung, zum Tod und zur Auferstehung. Darf man diesen kleinen Ausschnitt aus dem großen Ganzen dann wirklich als Bibel bezeichnen?
Wir dürfen das. Es ist ja unsere Aprather Bibel. Diese Aprather Bibel ist ein Kunstwerk der Bergischen Diakonie Aprath. Die Kunst der Diakonie lag und liegt schon immer darin, in allem Kleinen und Bruchstückhaften das größere Ganze zu suchen und zu finden. In jedem Menschen, egal wie beschädigt und unvollkommen er oder sie sein mag, ruht etwas Großes und Vollkommenes. Wir alle sind Teile Gottes. Deshalb gilt: Niemanden und nichts aufgeben. So ist unsere Aprather Bibel eine vollständig unvollständige Bibel.
Sie ist unvollständig, weil tausende von Texten und Bildern fehlen. Sie ist zugleich vollständig, weil gerade in ihrer Unvollständigkeit das Ganze der Bibel aufleuchtet. Jede Seite dieser Bibel erzählt etwas von der menschlichen Suche nach Gott und der Begegnung mit ihm. Von nichts anderem erzählt auch die Bibel als Ganze. Deshalb bleibt jede Bibel unvollständig. Die Suche nach Gott und die Begegnung mit ihm endet nicht auf der letzten Seite einer Bibel.
In der Aprather Bibel konzentrieren wir uns auf Texte und Bilder aus den Evangelien. Jesus steht im Mittelpunkt der Evangelien. Er hat uns gezeigt, dass in jedem von uns mehr steckt, als wir von außen sehen können. Jeder von uns gehört zum Reich Gottes. Jede trägt ihren Teil dazu bei und ist deshalb wertvoll und unverzichtbar. Diesen Blick brauchen wir in der Diakonie. Die Aprather Bibel öffnet uns dafür die Augen – gerade in ihrer Unvollkommenheit.
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